Runde 11 - Der ACN auch im Tabellenaufwind

Zwei Fahnen einträchtig nebeneinander: Links die ACN-Fahne und rechts 200 Jahre Stadtrechte Nastätten. Quelle: Thomas PaulsenEs geht auch in der Tabelle wieder aufwärts. Obwohl mit dem Fortschreiten der Saison die Ausschläge geringer werden, kann sich der Aero Club Nastätten in der 11. Runde ganze zwei Zähler nach oben verbessern. Er liegt jetzt auf Platz 7. Würde die Summe der Rundengeschwindigkeiten über den Tabellenrang entscheiden, dann lägen die Segelfliegerinnen und Segelflieger des Blauen Ländchens mit 2958 km/h sogar auf Platz 4.

 

Der Sonntag der 11. Runde präsentierte sich wolkenverhangen. Es gelangte zu wenig Sonnenenergie auf den Boden um nennenswerte Thermik entstehen zu lassen. Also konnten die Nastätter Erstligisten nur am Samstag punkten, was ihnen ganz hervorragend gelang. Zwei strategische Aspekte waren an diesem Samstag entscheidend für einen schnellen Bundesligaflug. Der erste Aspekt war der sehr lebhafte Westwind. Es wurde zunächst gegen den Wind geflogen, um dann einen Großteil des 2,5-stündigen Bundesligazeitfensters mit dem Wind im Rücken spurten zu können. Der zweite Aspekt waren tragende Linien, die einen Höhengewinn ohne Kreisen ermöglichten. Dann ist man mit Rückenwind ganz besonders schnell unterwegs und mit Gegenwind ist die Reisegeschwindigkeit immer noch sehr gut.

 

Holger Back war mit einer Rundengeschwindigkeit von 115,75 km/h mit Abstand am schnellsten für den Aero Club Nastätten unterwegs. Er startete in Bruchsal auf seiner LS10 "Seven One" mit 18 m Spannweite und nahm aufgrund der guten Vorhersage 40 Liter Ballastwasser mit. Die Thermik und die tragenden Linien entwickelten sich besser als erwartet. Gegen den 35 km/h starken Wind wollte er zunächst so weit wie möglich nach Westen fliegen. Die Thermik war durch straßenförmig aufgereihte Cumuluswolken sehr gut gezeichnet. Südlich von Pirmasens, direkt an der Grenze zwischen Pfälzer Wald und Vogesen, wendete Back, um dann möglichst weit mit Rückenwind zu fliegen. Zunächst sprintete er knapp 90 km zurück auf Gegenkurs am Startflugplatz Bruchsal vorbei. Auf diesem Schenkel betrug seine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit mehr als 162 km/h. Östlich von Bruchsal schlug er einen nördlicheren Kurs ein. Bis Heilbronn war die Wolkenthermik noch sehr gut, danach gab es nur noch vereinzelte Cumuluswolken. Es ging vorbei an Tauberbischofsheim und Ochsenfurt. Dort wurde Backs Flug wieder durch Wolkenstraßen beschleunigt. Über dem Steigerwald war die Thermik am kräftigsten und kurz vor Bamberg wendete Back zum Rückflug nach Bruchsal. Die Reisegeschwindigkeit auf seinem letzten Bundesligaschenkel lag trotz Gegenwind immer oberhalb der 100 km/h-Marke. Obwohl es immer weniger Cumuluswolken gab, die oft das Ende der Aufwindschläuche markieren, verlief der Rückweg völlig problemlos. Backs sogenannter Kurbelanteil auf diesem sehr schnellen Bundesligaflug war mit 11% ungewöhnlich gering. 11% Kurbelanteil bedeuten im Umkehrschluss, dass er 89% seiner Flugzeit geradeaus flog.

 

Sein Bruder Jochen Back startete in Nastätten auf der "Yankee Hotel", einer DG-1001T mit 20 m Spannweite. Anfangs war der Weg über dem Hunsrück zur ersten Wende gegen den sehr lebhaften Wind bei nur 1000 m Basis sehr mühsam. Erschwert wurde das Ganze durch sehr schnelles Abtrocknen der Thermikanzeiger, so dass schon bald größere blaue Löcher entstanden. Abtrocknung war vorhergesagt, aber keine Blauthermik. Aus diesen Gründen war die Reisegeschwindigkeit bis Idar-Oberstein mit 46 km/h sehr mager. Nun wurde es aber wieder zunehmend wolkiger und auch ging die Basis der Cumuluswolken stieg deutlich nach oben an. Die Aufwinde wurden trotz des starken Windes immer kräftiger und ruhiger, so dass der weitere Weg an Saarlouis vorbei bis an die Sperrzonen von Frankreich recht schnell und vor allem entspannter zurückgelegt werden konnte. Nach der Wende entschloss sich Back genau mit Rückenwind einer Wolkenaufreihung zu folgen. Nach einem hervorragenden Schnitt von 145 km/h war die "Yankee Hotel" nach nur 38 Minuten in der Nähe des Donnersbergs. Der Kurbelanteil betrug nur 5 %. Da die Wolken über dem Rheintal schwächer aussahen, wendete Back, um unter derselben Wolkenstraße mit einem Kurbelanteil von 4 % wieder zurück nach Saarlouis zu fliegen. Auf einer Strecke von 200 km musste Back nur zweimal Kreisen, um Höhe zu gewinnen. Das passiert im Segelflug nur sehr selten und ist immer ein besonderer Genuss. Jetzt flog er mit seitlichem Rückenwind zurück nach Nastätten. Das 2,5-stündige Bundesligazeitfenster endete nach 292 km bei Rheinböllen. Back erzielte eine Rundengeschwindigkeit von 108,65 km/h.

 

Der Nastätter Malte Bernhardt komplettierte das Bundesligateam der 11. Runde auf seiner Antares 20E. Er startete als erster und war recht tief über der A61 bei Daxweiler. Wie so oft ging es dort wieder nach oben, so dass er seinen Flug gegen den 40 km/h Wind fortsetzen konnte. Auch Bernhardt machte die Erfahrung, dass es erst ab Idar-Oberstein gut voranging. Es bildeten sich Wolkenstraßen, so dass er endlich "Gas" geben konnte. Er wendete zwischen der Mosel und der französischen Grenze. Mit dem lebhaften Wind im Rücken flog er nur eine Stunde später an Nastätten vorbei und weiter in nordöstliche Richtung. Bereits auf Höhe der A3 ließ die Stärke der Aufwinde deutlich nach und ab Gießen war es sogar abgeschattet. Die wenige Thermik, die Bernhardt noch finden konnte, war "eklig bockig", wie er nach dem Flug beschrieb. Da die Reichweite des Elektroantriebes besonders bei 40 km/h Gegenwind stark begrenzt ist, entschied er sich mit Unterstützung seines Elektromotors zum Rückflug nach Nastätten. Denn bei leeren Akkus müsste er – wie ein reines Segelflugzeug – eine Außenlandung mit einer aufwändigen Rückholtour machen. Nachteil seiner Entscheidung war jedoch, dass ein großer Teil seines langsamen Gegenwindschenkels in die Ligarechnung einbezogen wurde. Auf den letzten 47 km gegen den Wind war er nämlich nur 77 km/h schnell. Nach Anwendung des Handicap-Faktors ergab sich für Bernhardt eine Rundengeschwindigkeit von 92,68 km/h.

 

Der Siebenschläfertag am 27. Juni ist eine Bauernregel mit erschreckend guter Prognosekraft. Statistische Analysen haben ergeben, dass die Wetterlage, die im Übergang vom Juni auf den Juli vorherrscht, sich mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 66% während des gesamten Sommers nicht mehr ändert. Da uns die regnerische Wetterlage mindestens bis zum Sonntagabend erhalten bleibt, könnte sich in diesem Jahr die Siebenschläferregel voll bewahrheiten. Das sind auch keine guten Aussichten für Moritz Althaus auf der Deutschen Meisterschaft in Zwickau, die bisher nur kleine Aufgaben ausschreiben konnte. Seit Sonntag wurde wegen schlechten Wetters gar nicht mehr geflogen. Dem Aero Club Nastätten könnte eine marginale Wetterlage in die Hände spielen. Falls in der 12. Runde überhaupt geflogen werden kann.

 

Text: Jens-Christian Henke

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